Ernte auf dem Weingut Stoll in Osterfingen SH

Ernte auf dem Weingut Stoll in Osterfingen SH

Manufakturen im Wandel der Zeit

Bei einem Manufakturprodukt, erwartet man heute Luxus, viel Handarbeit, meist nach traditionellem Vorbild und somit einen höheren Preis als für gleichwertige Produkte aus der Fabrik. Diese Definition war jedoch nicht immer so. Der Manufakturgedanke von der Entstehung im späten 17. Jahrhundert bis heute.

01.11.2022 Daria Rimann

Der Begriff Manufaktur kommt aus dem Lateinischen und ist aus zwei Teilen zusammengesetzt: «Manus» die Hand und «factura» machen und bedeutet, dass etwas von Hand hergestellt wurde. Eine Manufaktur ist ein Betrieb, der zwischen traditionellem Handwerk und einer modernen Fabrik steht. Diese Definition gilt für die Vergangenheit, wie auch für die Gegenwart. Dies ist jedoch eine der einzigen Übereinstimmungen.

Spätes 17. und Anfang 18. Jahrhundert
Manufakturen waren Vorgänger der Fabriken, also Produktionsstätten, in denen viele Menschen gemeinsam arbeiteten und viele verschiedene kleine Arbeitsschritte ausführten. Die Güter konnten so unter einem Dach gefertigt werden, was wirtschaftlich gesehen zu einer günstigeren Produktion führte. Die Manufaktur löste dadurch viele Heimarbeiterinnen und Heimarbeiter ab, die die verschiedenen Arbeiten zuvor getrennt voneinander zu Hause erledigt hatten. Zudem kamen in den Produktionsstätten neue Techniken, wie der mechanische Webstuhl, zum Einsatz. Diese grossen Maschinen hätten in den kleinen Handwerksbetrieben oder gar in den Haushalten keinen Platz gefunden. Ende des 18. Jahrhunderts wurden die Manufakturen dann wiederum von den Fabriken abgelöst, wie wir sie heute kennen. Im Vergleich zu den Manufakturen wird in der Fabrik weniger von Hand und mehr mit Maschinen und heute mit Robotern gearbeitet.

Zu Beginn und auch in der Blütezeit der Manufakturen dienten diese der Kostenoptimierung und der höheren Produktionsleistung. Heute sieht das etwas anders aus:

Manufakturen heute
Die Gesellschaft verwendet den Begriff «Manufaktur» heute nach seiner ursprünglichen lateinischen Bedeutung: etwas von Hand herstellen. Dabei werden maschinelle Hilfsmittel zwar nicht ausgeschlossen, vielmehr wird aber auf eine meist traditionelle und schonende Herstellung geachtet. So auch auf dem Weingut Stoll in Osterfingen Kanton Schaffhausen. «Unser Grundsatz lautet: So wenig Technik wie möglich und so viel wie nötig, da jede überflüssige mechanische Beanspruchung dem Wein schaden kann», erzählt Christoph Stoll, Betriebsleiter und Geschäftsinhaber des Weingutes Stoll. So werde beispielsweise die Maische (zerdrücktes, dickflüssiges Gemisch aus Fruchtfleisch, Traubenkernen, Schalen und Saft) schonend verarbeitet, damit die Beerenkernhaut nicht verletzt wird und keine Bitterstoffe freigesetzt werden.

Rebenpflege ist Handarbeit
«Wein produzieren heisst für mich als Winzer, Begleiter bei einem natürlichen Prozess zu sein. Die effektive Handarbeit liegt bei uns vor der Weinproduktion nämlich in der Pflege des Weinberges und der Reben», erläutert Stoll weiter. Der Zeitplan ist straff und gut gefüllt: Von Januar bis März werden die Reben geschnitten, ab April beginnt dann die Pflegearbeit. Wie bei Tomaten müssen Nebentriebe ausgebrochen werden, damit die gesamte Wachstumsenergie für den Haupttrieb bleibt. Zudem müssen Blätter aus der Traubenzone entfernt werden, das sogenannte Entlauben. Die Trauben trocknen so nach Regenfällen besser ab und werden nicht so leicht von Pilzen befallen. «Mitte/Ende September beginnt dann die Erntezeit. Da wir 2022 so einen schönen Sommer hatten, startete die Traubenlese sogar bereits Anfang September, ca. drei Wochen früher», so Stoll. Und auch die Lese ist Handarbeit und verlangt den Erntehelfern einiges an Fitness ab.

Der Betriebsleiter arbeitet mit
Christoph Stoll definiert den Manufakturgedanken in seinem Weingut jedoch nicht nur über die Handarbeit, sondern auch darüber, dass er als Betriebsleiter bei all diesen vielen Arbeitsschritten mitarbeitet. Dies ist auch zwingend notwendig, um die 25'000 Rebstöcke des Familienbetriebs hegen und pflegen zu können. «Da wir keine Trauben zukaufen, sind die Weine jedes Jahr etwas anders. Wir produzieren nicht nach einem fixfertigen Rezept. Jedes Jahr aufs Neue, versuchen wir mit den Trauben, die wir haben, das beste Produkt zu kreieren. Dabei kann ein Jahrgang mal etwas fruchtiger oder trockener ausfallen. Auch das ist für mich ein typisches Manufakturmerkmal, der Wein hat von Jahr zu Jahr eine gewisse Individualität.»

Auch wenn die heutigen Manufakturen also nicht mehr die Kostenoptimierung und eine höhere Produktionsleistung in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen, sondern die Veredelung und schonende Herstellung eines Produktes, ist der Kern – die Handarbeit – noch genau gleich, wie in der Entstehungsphase im 17. und 18. Jahrhundert.

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